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TANZEN

 

Als Tanzen habe ich die Charakterzüge der Encounters genannt, die viel ornamentalisch-florale Bewegungen über essentielle Formen der (Fort-) Bewegung hinaus beinhalten.

Manchmal war mein Körper durch eine Baumbegegnung einfach inspiriert tänzerische, manchmal einfach absurd groteske Bewegungen zu machen. Direkt meldete sich der Kopf 'zu Wort', hinterfragte, wieso es diese 'extra' Bewegungen denn jetzt brauche, warum? wozu? ob ich das nicht besser lassen sollte... Beobachtende und urteilende Bewertungen, mit denen der Kopf gerne wieder die Kontrolle über den Körper zurück erlangt hätte. Doch genau da versuchte ich diesen Verstandes-Urteilen keine Beachtung zu schenken, sondern der körperlichen Intuition und Freude an vielleicht auch 'unnützen' Bewegungen einfach Zeit und Raum zu geben.

Diese Weide strahlte eine beeindruckende Ruhe aus. Trotz einer recht offensichtlichen Verstümmelung , die zwei dicksten Äste sind nur noch als kurze Stümpfe vorhanden erinnere ich mich an eine friedliche Stimmung, einen recht feinsinnig-zufriedenen Chrakter dieses Encounters. Die dünnen, teils sehr trockenen fragilen Weidenruten ließen mich nur vorsichtig zurückhaltend bewegen. Durch die nur so rar verbliebenen Äste war auch die räumliche Erkundung sehr eingeschränkt – eröffnete mir aber vermutlich gerade deswegen eine ganz andere Dimension – einen Micro-Cosmos. Mein Körper suchte meist sitzende Ruhepositionen in Beziehung zum Körper der Weide, doch meine Finger und Hände wurden umso lebhafter. Die Weide verursachte eine Art 'Heranzoomen', und ich ließ mich auf einen Fokus auf kleinste Bewegungen, einen Micro-Dance der Hände ein.

'the crooked', der Gekrümmte heißt dieser Baum in meinem Notizbuch. Stark nach vorn geneigt stützt er sich mit seinen eckig-verzweigten Ästen mehrere Meter vom Stamm entfernt wieder auf dem Boden ab. Ein faszinierender Anblick und eine besondere 'Architektur'. Wie in einem Gewölbekeller kann ich den Raum unter und um seine Äste herum erkunden. Da sie den Boden berühren kann ich auch über einige Seine Äste in die Krone empor klettern.

'the crooked' hat meinen Körper zu den absurdesten 'Extra' Bewegungen inspiriert, bei denen dieser innere Kampf des Kopfes und das Hinterfragen des Verstandes am deutlichsten wurde. Doch kaum konnte ich die Gedanken einfach Gedanken sein lassen konnte ich der puren Freude an 'irgendwelchen' grotesken Bewegungen auf und mit dem Baum freien Lauf lassen.

Kurz vor Dämmerung im Wildenbruchpark hatte ich eines Tages noch eine spannende Begegnung mit einem Zwiesel – so bezeichnet man Bäume deren Stämme sich schon ganz weit unten entzweien.

Irgendetwas in seinem Wuchs und Charakter machte diese Begegnung zu einem virtuosen Paartanz. Mein Verstand beobachtete meinen Körper beim explorieren verschiedener Dynamiken. Mein Körper fand ungewöhnliche Positionen und Konstellationen in Relation zu diesem Baum-Tanzpartner.