The following text was written in response to the writing prompt “This theory [concept, idea] I came up with may…” given by Lauren Fournier in an Autotheory writing retreat in Eppan, South Tyrol mid-Sept. 2022. (Should your German be a bit rusty, please have the text translated into the language of your choice by an online translator):

 




 

 


 

 

 

 

 

 

 

Ich spaziere in Kaunas herum, auf der Suche nach Streetart. Die Stellen sind in einem papierenen Plan eingezeichnet. ‚Wieso gibt’s die Straße nicht?‘ Ich gehe hin und her. ‚Ich verstehe nicht, die sollte doch genau hier sein!‘

Ich bitte zwei Männer, die aus einem Auto aussteigen, um Hilfe. Sie haben keine Ahnung, schauen aber auf ihrem Smartphone nach. Es stellt sich heraus, dass ich einen Riesenbogen machen solle, um zum Objekt meiner Neugierde zu gelangen. „Sollte doch gleich hier sein?“ Ich bin nicht im Geringsten von den Richtungshinweisen überzeugt, habe aber im Gespräch herausgefunden, dass der zweite Teil des Straßennamens “steps” bedeute.

I get it!’ Ich latsche zurück zur Seilbahn. Am Platzrand isst ein Junge seine Jause. Als hiesiger Schüler wird er sicher Bescheid wissen! Extrem schüchtern, nuschelt er auf Russisch, dass er den Weg nicht kenne.

Nach einigem Herumirren im Waldstück neben der Seilbahn kehre ich auf die mir bekannte Straße zurück.  Vor der Fakultät für Politikwissenschaft und Diplomatie sperrt eine Studentin mit Fahrradhelm ihr Rad auf. Ich wechsle auf die andere Straßenseite und quatsche sie an. Auf der gegenüberliegenden Seite sei ein Aufgang mit Stufen, da müsse ich hoch! Rätsel gelöst (step by step).

 

Ein paar Stunden später komme ich an einem Werbeplakat mit der Aufschrift Kauno Alus vorbei und verstehe auf Anhieb die Bedeutung der fremden Wortkombination: ‚Bier aus Kaunas‘ bedeutet das. Bereits am Flughafen hatte ich verstanden, dass Kauno Genitiv für Kaunas ist, doch erst jetzt stelle ich die Verbindung in einem Syntagma her. Aus irgendeinem Grund ahnte ich am Vorabend im kleinen Supermarkt in der Fußgängerzone, dass alus Bier bedeutet. Aus welcher Sprache diese Assoziation kommt, weiß ich nicht. Auf der Suche nach möglichen Verwandtschaften wird mir aber klar, dass es beide Wörter auch im Finnischen gibt: Kauno ist eine in Wortzusammensetzungen verwendete Form des Adjektivs ‚schön‘, alus bedeutet ‚Schiff‘. Passend bin ich kürzlich an einem Bistro vorbei, in dessen Schaufenster ein ‚finnisches‘ Wort stand: juoda1 - ‚trinken‘.

Es ist wie mit dem Treppenaufgang: So oft vorbeigegangen und die Verbindung doch nicht gesehen. Weil ich auf der Suche nach einer Straße war!

Auf einmal fällt alles an seinen Platz und ich weiß, warum ich heute so oft hin- und herlaufen musste: um mich auf diese Erkenntnis vorzubereiten.

Als Art krönende Bestätigung gibt es, links von dem Bierwerbebanner, eine eingezäunte Baustelle, die mit Planen abgeschirmt ist. Auf denen präsentiert man auf Englisch Forschungsprojekte an der Schwelle zwischen Wissenschaft und Kunst. /ˈsɛɡweɪ/® to artistic research.

 

Dieses Beispiel von embodied linguistic serendipity mag einleuchtend klingen, wenn ich es auf diese Weise, in aufeinanderfolgenden Stufen, auseinandernehme. Allerdings muss man sich die Tatsache vor Augen führen, dass es sich bei den einzelnen Bausteinen um nicht vorauszusehende Zufälle handelt. 

Am besagten Tag baute außerdem ein Schritt auf dem nächsten auf (was nicht unbedingt der Fall sein muss). Dieser Ablauf lässt sich mit der Illumination nach der Inkubationsphase des Kreativprozesses vergleichen: Das bereits im Gehirn gespeicherte Wissen führt zu Erkenntnissen – wenn man es am wenigsten erwartet. Hierbei ist es von Vorteil, dass ich bereits viel herumgelaufen war, bevor ich an der Bierwerbung vorbeilief. So bin ich bereits ziemlich ausgelaugt und mein Hirn still genug, um unerwartete Kombinationen, die ich so noch nicht miteinander in Verbindung gesehen habe, herzustellen.

 

Abschließend gilt noch zu präzisieren, dass es sich im beschriebenen Fall um eine Unterkategorie der von mir praktizierten Wissensproduktion handelt, nämlich um eine interlinguale Form verkörperter Erkenntnisgewinnung.

"A walking tour should be gone upon alone, because freedom is of the essence; because you should be able to stop and go on, and follow this way or that, as the freak takes you; and because you must have your own pace".1

"[K]einem Gedanken Glauben schenken, der nicht im Freien geboren ist und bei freier Bewegung – in dem nicht auch die Muskeln ein Fest feiern".2

« La marche a quelque chose qui anime et avive mes idées »3.

SIG

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Marche =

Flânerie
Lenteur
Liberté
Présence
Promenade
Répétition
Silence
Solitude4

LA!

London perpetually attracts, stimulates, gives me a play and a story and a poem, without any trouble, save that of moving my legs through the streets”.

5

STAR (G)LITTER