ward Cartellieri im Jahre 1796 Kapellmeister

bey diesem großen Gönner alles Schönen,

dessen Hof bekanntlich der Sammelplatz aller

Künstler war. Cartellieri lernte da alle be-rühmten

Tonsetzer und Virtuosen kennen und

sein Geist fand ununterbrochen Nahrung.

Der Fürst ließ sowohl in Wien als auch auf

seinen Schlößern Raudnitz3 und Eisenberg4

in Böhmen Opern aufführen, somit war

Cartellieri als Tonsetzer und Direktor in

fortwährender anstrengender Beschäftigung.

Im Jahre 1803 vermählte er sich mit der

Tochter Franziska des berühmten fürstlich

von Lobkowitzischen Violoncellisten Anton

Kraft, die ihm 3 Söhne gebar. Der älte-

ste, Joseph Cartellieri, ist jetzt (1826) fürst-

lich Lobkowitzscher Musikdirektor an der

Kapelle zu Loretto in Prag. Der zweyte hat

sich der Oekonomie gewidmet und der jüng-

ste studiert Medizin.

Cartellieri kränkelte die letzten Jahre

her fortwährend; seine angestrengten

rastlosen Arbeiten hatten seine Gesund-

heit untergraben, wozu wohl auch eine krän-kende

Disharmonie mit einem seiner Kol-

legen das ihrige beygetrgen haben moch-

te. Lange war schon seine Gattin, so wie

auch der Fürst selbst für sein Leben be-

sorgt. Im Jahre 1807 begleitete er den

Fürsten von dem Schloße Eisenberg nach

Raudnitz. Auf dieser Reise erneuerte

sich sein Leiden mit ungemeiner Heftig-

keit und er ward gänzlich entkräftet nach

Casimir Anton Cartellieri war zu Danzig

den 27. September 1772 gebohren. Sein Va-

ter, ein Italiener, war in seiner Jugend

Tenorsänger am fürstlichen Hofe Carolath1

in Schlesien, dann zu Johannesberg beym Bi-

schof Grafen v(on) Schafgotsch, später (1783)

Kammersänger des Herzogs Meklenburg Stre-

litz; von dort kam er nach Berlin und stand

zuletzt als Sänger bey der Domkirche zu Kö-

nigsberg. Seine Frau, Elisabeth, eine gebohrne

Kurländerin, hing mit ganzer Seele an den

kleinen sanften Antonio, sie selbst lehrte ihn

spielend die ersten Gründe der Kunst, der

er später sein Leben weihte. Oft, so erzählte

sie selbst in ihrem Alter, mußte sie stunden-

lang ihm singen, er horchte begierig und Thrä-

nen des Entzückends rollten über die Wangen

des weichen Knabens herab. Eifrig und schnell

ergriff er ihren Unterricht und in kurzem

überraschte er die geliebte Lehrerin mit ei-

nem Ariettchen, das er selbst am Klavier

sich erdacht hatte und mit kindlicher Naivi-

tät sang. Einst am Vorabende des Nah-

menstages2 seiner Mutter bath er den Va-

ter, indem er ihm ein Notenblatt aufdrang,

dieß noch heute abends mit ihm zu singen,

wenn Mama aus der Vorstellung zurück kä-

me, er wolle dann schon auch mitsingen und

auf dem Klavier dazu spielen. Der Va-

ter staunte, der Kleine hatte ein Duett

komponiert und selbst die eine Simme sammt

der Begleitung übernommen. Damahls hat- 

te er das achte Jahr vollendet. Von nun an

unterrichtete ihn der Vater selbst.

Doch nicht lange war ihme gegönnt, im Scho-

ße seiner Aeltern zu seyn. Mißverhält-

nisse zwischen diesen, die des sanften Knaben

zartes Gefühl kränkten, erpreßten ihm den

Entschluß, selbe zu verlassen und ehe sich

diese noch ernstlich dagegen setzten, war er

bereits verschwunden. Unbekannt ist es, wo

er damahls, kaum 14 Jahre alt, der deut-

schen Sprache weder vollkommen mächtig,

umhergeirrt sey; er selbst sprach in sei-

nen späteren Jahren nie über diesen

Punkt. Daß Salieri in der Folge sein Leh-

rer wurde, ist höchst wahrscheinlich, denn man

liest auf einem Quadro-Auszuge, den sein

Sohn Joseph Cartellieri besitzt, von seiner

Hand die Uiberschrift: Palmira ridotto nel

IV e didicate al maestro suo Salieri da

Antonio Cartellieri. Wahrscheinlich schon

im Jahr 1791 trat er in die Dienste des

pohlnischen Grafen Oborsky, dieses großen

Kunstfreundes, bey dem er als Tonsetzer und

Musikdirektor angestellt war. Während

des Aufenthaltes dieses Grafen zu Wien

studierte er unter Albrechtsbergers Lei-

tung mit angestrengtem Fleiße den strengen

Tonsatz. Hier lernte ihn der unvergeßli-

che Musikfreund S(ein)e Durchlaucht Fürst Jo-

seph von Lobkowitz bey Gelegenheit einer Aka-

demie kennen, die Oborsky gab. Cartellieri

dirigierte seine Symfonie C mol und der über-

raschte Fürst hielt sogleich bey Oborsky um

ihn an, der ihn sehr ungern verlor. So

Liebshausen (einem fürstlichen Dorfe 4

Meilen von Eisenberg) gebracht. Er sehn-
te sich nach seiner Gattin, nach seiner Mut-
ter, die er gleich nach seiner Anstellung
zu sich genommen hatte und nach seinen
Kindern, die im Gefolge waren, allein
sie trafen ihn nicht mehr am Leben. Er
starb am 2. September 1807 in seinem
35. Jahre. Seine Gattin lebt in Prag
von einer Pension des großmüthigen Für-
sten.



Diese Nachricht hat sein Sohn, Joseph

Cartellieri, unterm 16. Dezember 1826 dem

Sekretär der Gesellschaft mitgetheilt 

und das nachfolgende Verzeichniß der

Komposizionen des Verstorbenen beyge-

schloßen, mit der Bemerkung, daß die-

ses Verzeichnis villeicht nicht vollstän-

dig seyn dürfte und vielleicht nach an-

dere Werke seines Vaters bekannt seyn

möchten.